Wenn ein Enkelkind gestorben ist
Trauernde Großeltern begleiten
Einfühlsam und hilfreich für Trauerbegleiter*innen und Betroffene
Ein Sachbuch für Trauerbegleiter? Ein Buch, welches persönliches Erleben beschreibt? Beides. Angelika Thaysen führt in einer sehr besonderen Weise vor dem Hintergrund persönlichen Erlebens in die Begleitung trauernder ein. So lesen wir ein sehr persönliches Buch und doch ein Sachbuch. Nach der Einleitung „Warum schreibe ich dieses Buch“, in der sich die Autorin in die Reihe von ihrer Mutter über ihre Tochter zu der verstorbenen Enkelin stellt, kommt sie doch schnell zu den fachlichen und sachlichen Hintergründen, wobei sie insbesondere auf die systemische Familientheorie abhebt. Das Beziehungsgeflecht, in dem von der Verstorbenen bis zu den Großeltern alle verbunden sind, rückt in den Mittelpunkt der theoretischen Betrachtungen. Alle theoretischen Erläuterungen sind durchzogen von praktischen Beispielen, was selbst die Theorie plastisch und nachvollziehbar macht. Zur Theorie gehört natürlich auch ein Kapitel über Trauer selbst, die verschiedenen Formen der Trauer, die als Angebote zu verstehen seien, „die Trauer und ihre Prozesse kognitiv zu verstehen.“ Die Trauer wird deutlich abgegrenzt vom Trauma selbst, welches durch den Schock des Verlustes ausgelöst wird. Ein weiteres theoretisches Kapitel ist das über die „aberkannte Trauer“. Dies bezieht sich vor allem auf Menschen, die nicht so ganz nah mit der Verstorbenen verbunden sind, aber dennoch unter dem Verlust leiden. Deren Trauer anzuerkennen ist ein wichtiges Thema in der Trauerbegleitung.
Nach diesen Einführungen kommt die Autorin aber zur Praxis. Angelika Thaysen stellt anhand von Zitaten aus vielen Interviews mit Trauernden die verschiedenen Aspekte und verschiedenen Situationen der Trauer da. Die Trauer der Großeltern, die Trauer der Eltern und auch die Beziehung zwischen Großeltern und Eltern des verstorbenen Kindes. Hier wie überall in dem Buch geht es um Verstehen und akzeptieren. Es gibt nicht einen Weg, jeder Mensch hat seinen eigenen Weg, mit dem Verlust umzugehen. Auch in der Beziehung zwischen Eltern und Großeltern gibt es verschiedene Entwicklungen. Sie schreibt: „Zwischen Eltern des verstorbenen Kindes und den Eltern der Eltern ist die Gefahr von Missverständnissen groß. Bei einigen vertiefen sich die Beziehungen, bei anderen kam es zum kompletten Abbruch“. Beim lesen dieses Abschnitts wird wohl jede Trauerbegleiter*in auf Bekanntes stoßen, welches ihr Anknüpfungspunkte für die eigene Arbeit gibt.
Im dritten Teil kommt es zur Arbeit der Trauerbegleiter*in. Neben einigen methodischen Aspekten kommt Angelika Thaysen aber bald zur grundlegenden Aussage: „Das Richtige zur richtigen Zeit.“ Dabei spielen natürlich auch die Trauerphasen eine zentrale Rolle. Eine gute Methode zur Unzeit ist eben eine schlechte Methode. Unterstützend dabei sind Symbole und Rituale, die beispielhaft erläutert werden. Auch geht sie darauf ein, dass es gelegentlich hilfreich für Trauernde sein kann, etwas über die Phasen des Trauerns zu wissen und über die Systemtheorie auch Zugang zur Situation der anderen vom Verlust Betroffenen des Enkelkindes, des Kindes, des Bruders, der Schwester zu finden.
Zum Abschluss werden dann auch noch Übungen vorgestellt – natürlich erst nachdem sie in Zusammenhang mit der Situation der Trauernden gestellt wurden, die den Menschen stärken und ihn in die Lage versetzen, nach im Leben danach klarzukommen.
Als weitere Hilfen werden am Ende des kleinen aber gehaltvollen Büchleins Hilfen angeboten, die man Online oder in der Literatur finden kann.
Ich denke, dass es in diesem Buch einmal darum geht, die anderen Trauernden, die nicht die Eltern sind, die in zweiter Reihe stehen, überhaupt zu sehen und sie in ihrer Trauer ernst zu nehmen. Zum anderen sind viele Anregungen nicht nur für professionelle Trauerbegleiter*innen für ihre Arbeit zu finden. Das Buch ist auch eine gute Basis für die Fortbildungen in den vielen Vereinen, die Hospitzarbeit ambulant und stationär betreiben.
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- Angelika Thaysen
- Angelika Thaysen ist Sterbe- und Trauerbegleiterin, Fachbuchautorin, Mitglied im BVT (Bundesverband Trauerbegleitung), dapo (deutsche Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie), Förderverein Hospiz Rendsburg. Sie lebt in Felde bei Kiel. Eines ihrer fünf Enkel ist verstorben.
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