Vom punischen zum römischen Karthago
Konfliktreflexionen und die Konstruktion römischer Identität
Mit der Idee einer Erzfeindschaft zwischen Rom und Karthago seit urvordenklicher Zeit hat sich Vergil in der Aeneas-Dido-Episode seiner „Aeneis“ wortgewaltig auseinandergesetzt. Aber wie alt ist diese Idee tatsächlich?
Gegen die Neigung der älteren Forschung, sie früh zu datieren, wird in der hier vorgelegten Studie gezeigt, dass die Vorstellung einer besonderen Rivalität tatsächlich erst ab dem späten 2. Jahrhundert v.Chr. wirksam wurde. Gründliche Einzeluntersuchungen konturieren die innernobilitären Positionskämpfe entlang des Karthagobildes. Die schließliche Vernichtung der Stadt hatte kontingente Ursachen und kann nicht als direkte Nachwirkung eines im Hannibalkrieg erworbenen, generationenübergreifend tradierten Puniertraumas erklärt werden, sondern ist im Kontext der römischen Außenpolitik jener Zeit zu sehen. Die höchst komplexe Genese und Eigenart des römischen Karthagerbildes prägte seit Gaius Gracchus auch die Debatte um ein neues, römisches Karthago. Insgesamt waren die in dieser Studie historisierten und kontextualisierten (Um-)Deutungen des wechselvollen Verhältnisses zur punischen Metropole Teil eines allumfassenden römischen Selbstdefinitionsprozesses, der erst in der frühen Kaiserzeit abgeschlossen war.
- Martin Jehne (Hg.),
- Bernhard Linke (Hg.),
- Jörg Rüpke (Hg.)
- Josef Pauser (Hg.),
- Martin P. Schennach (Hg.)