Kultur- und Sozialgeschichte Osteuropas / Cultural and Social History of Eastern Europe
Eine kritische wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Geschichten und Kulturen des östlichen Europas hat sich nach dem Ende des Systemkonflikts mitnichten erledigt. Im Gegenteil: Die Pluralisierung der Geschichtskulturen, die Öffnung der Archive, aber auch die nicht selten polemische Einbeziehung geschichtswissenschaftlicher Erkenntnisse in politische Debatten sind nur einige der Faktoren, die eine Beschäftigung mit dieser Region zu einer wichtigen akademischen Aufgabe machen. Geschichte im 21. Jahrhundert muss sich auch neuen globalgeschichtlichen Herausforderungen stellen, muss Verflechtungen Europas mit der Welt, die Rückwirkungen europäischer Expansion und die Interaktions- und Austauschprozesse auf vielfältigen Ebenen bis hinunter auf die Lokalgeschichte zur Kenntnis nehmen und in die jeweiligen Forschungskontexte integrieren. Die Untersuchungsregion – vom Baltikum über Ostmitteleuropa und den sogenannten Balkan bis hin nach Mittelasien – eignet sich hervorragend dazu, diesen Ansprüchen zu begegnen. Die mehrfachen imperialen Überschichtungen innerhalb des östlichen Europa, die lebhaften Austausch- und Interaktionsprozesse zwischen kulturell, sprachlich, konfessionell und sozial heterogenen Räumen, aber auch die Verflechtungen dieser Region mit anderen Teilen der Welt machen das östliche Europa zu einem faszinierenden Experimentierfeld für neue geschichtswissenschaftliche Ansätze, für die kreative Bearbeitung anscheinend altbekannter Fragen und für den Versuch, eine neue Perspektivierung von Geschichtsschreibung zu wagen. Die Region bietet sich wie kaum eine andere für die Erforschung transnationaler Fragestellungen an. Gerade die Vielfalt der Region verleiht ihr eine wichtige Scharnierfunktion in einer Globalgeschichte, die zeitgemäße Fragen nach Transfer und Kommunikation über Grenzen hinweg stellt. Die Ausrichtung dieser Reihe ist bewusst als Brücke zwischen zwei methodischen Ansätzen gewählt: Kulturwissenschaftlich ausgerichtete Arbeiten, die etwa Identitäten oder Repräsentationen in den Vordergrund stellen, sollen hier ebenso ihren Platz finden wie Studien zu weiterhin relevanten Fragen nach Alltagserfahrungen, konkurrierenden Gesellschaftsentwürfen oder Gründen, Formen und Folgen sozialer Ungleichheiten.