Künstliche Kost
Ernährung in Deutschland, 1840 bis heute
Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte sich das Wissen über Ernährung grundlegend. Aus einer Ganzheit von Lebensmittel und Speise wurde eine Mixtur von Stoffen. Wer von Eiweiß, Fett und Kohlehydraten, später von Mineralstoffen und Vitaminen sprach, distanzierte sich vom täglichen Essen. Gleichzeitig konnte er jedoch messen und wägen, die Stoffe analysieren, Ernährung planen und verbessern. Neue Produkte wurden so möglich. Die neue »Künstliche Kost« war nahrhaft und schmackhaft, doch nicht länger von Herkunft geprägt. Sie verbreiterte die Lebensmittelpalette, erlaubte Versorgungssicherheit, schuf neue Risiken und entwertete die praktische Kochkunst. Der lange Schatten dieses neuen Wissens bestimmt bis heute unsere Lebensmittel, unser Essen.Dieses Buch bietet in fast hundert Unterkapiteln ein faszinierendes Panorama der Veränderungen der Ernährung seit Mitte des 19. Jahrhundert. Akteure in Wissenschaft, Wirtschaft und Staat rangen um die Konturen des Neuen, umgarnten fürsorglich die Konsumenten. Kriege und Krisen beschleunigten den Wandel, in Friedenszeiten verbreitete sich „künstliche Kost“ in den Massenmärkten. Der Autor untersucht, wie sich das Reden über Ernährung verändert hat, wie Werbung nötig wurde, wie Zusatzstoffe Bedeutung gewannen und Gebote und Verbote den Essalltag bis heute prägen. Wer um all dies weiß, wird reflektierter essen, wird einfachen Botschaften und Parolen nicht mehr folgen, und anders mit dem umgehen, was er sich einverleibt.
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- Uwe Spiekermann
- Uwe Spiekermann lehrt Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen.
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