Ankha Haucke arbeitet seit vielen Jahren als Paartherapeutin in einer eigenen Praxis in Köln. Mit ihrem ersten Buch über die häufigsten Paarprobleme gibt sie allen etwas an die Hand, die ihre Beziehung ohne Paarberatung oder -therapie verändern wollen. Im März erschien ihr Buch »Soforthilfe für die Paarbeziehung« bei V&R SELF.
Sie arbeiten schon viele Jahre als Paartherapeutin. Wissen Sie mittlerweile bereits zu Beginn der Zusammenarbeit mit Paaren, ob diese am Ende zusammenbleiben oder sich trennen werden?
Erinnert das Paar sich gerne an die erste Zeit des Kennenlernens und der Verliebtheit, ist das erfahrungsgemäß eine gute Ausgangsbasis, um die Stärken der Beziehung zu reaktivieren. Manchmal wird aber z. B. schnell spürbar, dass eine Person sich innerlich schon verabschiedet und kein Interesse daran hat, sich für die bestehende Beziehung zu engagieren. Das hat in der Regel damit zu tun, dass es eine Außenbeziehung gibt.
Es gibt also keine festen Anhaltspunkte, an denen abzulesen ist, ob Liebe und Kompromissbereitschaft in einer Paarbeziehung »gewinnen«?
Genau, zumal manche Paare auch dann zusammenbleiben, wenn ihre Beziehung von außen betrachtet wenig liebevoll wirkt. Manchmal ist es andererseits erstaunlich, wie kreativ auch Paare werden können, deren Ausgangssituation wenig hoffnungsvoll erscheint. Übrigens geht es manchmal auch eher darum, weniger Kompromissbereitschaft an den Tag zu legen und mehr zu sich zu stehen und Konflikte zuzulassen.
Wann besteht ein Problem in meiner Partnerschaft? Wie erkenne ich das?
Wenn ich merke, dass Vermeidungsverhalten oder Abwertungen sich häufen, wird es ernst. Alarmzeichen sind Verhaltensweisen wie Konfliktvermeidung und gegenseitige Herabsetzungen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie wichtige Bedürfnisse zurückstellen und sich selbst verleugnen, um die Beziehung zu halten, kann das auf Dauer nicht gut gehen. Auch fruchtlose und verletzende Auseinandersetzungen, in denen Sie einander verletzen und den Respekt füreinander verlieren, weisen auf eine Hilflosigkeit hin, die vielleicht einen Impuls von außen braucht.
Wenn ich Probleme in meiner Liebesbeziehung habe, brauche ich dann eine Paartherapie?
Wenn Paartherapie die einzige Möglichkeit wäre, Paarprobleme zu lösen, wäre die Menschheit vermutlich längst ausgestorben. Paare können auch selbständig versuchen, aus den gewohnten Mustern auszusteigen, sich ihrer bewusst zu werden und sie dann zu verändern.
Wann brauche ich eine Paartherapie und wann kann ich mithilfe von Anstößen von außen versuchen, etwas in meiner Beziehung zu verbessern?
Wenn beide Personen für sich das Gefühl haben, ihr Bestes zu geben, dass das aber nicht reicht und sie die Beziehung trotzdem nicht aufgeben wollen, kann eine Paartherapie vielleicht helfen, die Kräfte zu bündeln und ungünstige Interaktionsmuster, in denen sich viele Paare verheddern, durch zielführende Begegnungsweisen zu ersetzen. Das Problem ist, dass wir Menschen uns manchmal mit Verhaltensweisen selbst im Weg stehen, die uns gar nicht bewusst sind. Dann kann ein Blick von außen neue Perspektiven eröffnen.
Was mache ich, wenn mein:e Partner:in nichts in unserer Beziehung und seinem bzw. ihrem Verhalten ändern will?
Vielleicht können Sie Bedürfnisse, die Sie bisher innerhalb der Beziehung verortet haben, durch bewusste Selbstfürsorge, wie z. B. die Pflege von Freundschaften oder Hobbys, befriedigen. Es könnte sein, dass sich in Ihrer Paarbeziehung eine positive Veränderung einstellt, wenn Sie sich unabhängiger von ihr machen. Das mag paradox klingen, ist aber oft ein Schlüssel zur Entspannung einer Liebesbeziehung.
Woher weiß ich, wann es lohnt, für die Beziehung zu kämpfen und wann es besser ist zu gehen?
Für manche Menschen ist ein Flirt ein Trennungsgrund, während andere sogar körperliche Gewalt der Partnerin oder des Partners akzeptieren. Letztlich sind die Mindestanforderungen an eine Liebesbeziehung also individuell sehr unterschiedlich. Und wir können bekanntlich nicht unsere Partner:innen ändern, sondern nur uns selbst. Wenn Sie also den Eindruck haben, dass Sie gut für sich selbst sorgen und Ihr Bestes für die Beziehung geben und trotzdem zentrale Bedürfnisse nicht zu ihrem Recht kommen, ist es vielleicht an der Zeit, sich ehrlich zu fragen, was Sie noch hält.
Das Interview wurde von Imke Heuer, verantwortliche Lektorin für unsere V&R SELF Ratgeber, schriftlich geführt.