Impuls C – Chance: Die Chance und ihre Transformation

1. Impuls C – CHANCE
2. Impuls O – ORDNUNG
3. Impuls R – RESILIENZ
4. Impuls O – OPTIMISMUS
5. Impuls N – NACHHALTIGKEIT
6. Impuls A – ALTERNATIVEN


Zu unserem Leben gehören Umbrüche und Ruhephasen, Krisen, die auch Chancen beinhalten, sowie Umformungen sprich: Transformationen. Kann dabei etwas umgangen oder übersprungen werden? Können wir Abkürzungen nehmen? Können wir gewissen Dingen ausweichen? Oder hat alles seinen Gang?

Haben Engpässe ihren Sinn? Haben Engpässe ein Ziel? Haben Engpässe eine Aufgabe? Also, wie steht es nun um meine Engpässe, Nöte, Einschränkungen und Krankheiten?
Hat sich der Blick auf sie bezogen auf Gesundheit und Leben ein wenig verändert?

Wie vollziehen sich für manche:n von uns Prozesse in schweren und immens belastenden Zeiten? Wie gehen wir mit ihnen um? Das kann sehr unterschiedlich sein: einerseits über Ärger, Wut und Aggression mit den Facetten Sarkasmus, Ironie und Zynismus. Das sind Verhaltensweisen, die den Nächsten auf verschiedenen Ebenen herabsetzen, diskriminieren oder verletzen, sie helfen aber gleichzeitig dabei, Emotionen abzubauen. Andererseits kann sich der Umgang mit allem Schweren auch gegen einen selbst richten, etwa durch Selbstvorwürfe und Schuldzuweisung bis hin zu einem Sich-katapultieren-und-verfangen in depressive Verstimmungen: das Verkriechen in eine selbst gewählte Isolation. Dann tauchen schwarze Geier mit noch schwärzeren – teils irrationalen Gedanken – auf, die ständig um den Kopf kreisen. Es macht Mühe, sie daran zu hindern, ein Nest auf dem Kopf zu bauen und darin einen Platz als dauerhafte Mitbewohner zu finden.
„Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über deinem Haupt fliegen, kannst du nicht ändern. Aber dass sie Nester in dein Haar bauen, das kannst du verhindern“, lautet ein Sprichwort, das wahlweise Martin Luther oder den alten Chinesen zugesprochen wird.

Im Chinesischen finden sich die Begriffe von Krise und Chance in ein und demselben Schriftzeichen wieder. In ihm vereinen sich die beiden Gegensätze mit ihren Polaritäten, denn für Krise werden in der Übersetzung auch Risiko oder Gefahr und für Chance, Gelegenheit oder Möglichkeit genannt. Dieses Schriftzeichen beinhaltet in seiner DNA also den Spannungsbogen des Positiven und Negativen, der Stagnation und Progression, des Verharrens und des innovativen Wachsens. Es ist beides zugleich, beides in einem – wohl aber in unterschiedlicher Dominanz. Es sind genau besehen zwei Seiten einer Medaille.

Gibt es Kommunikationstechniken, mit denen es einfacher gelingt, den Blickwinkel oder die Perspektive des anderen einzunehmen, „in seinen Schuhen zu gehen“ oder auf das halbvolle Glas zu sehen?

Ja, in einer mit vielen Erlebensfacetten und einer selbst auferlegten disziplinierten, aufmerksamen und empathischen Haltung klappt das auch (einigermaßen). Gute Erfahrungen gehen Hand in Hand mit gelungenen Erfolgen. Jetzt aber, in dieser besch… Lage mit einem weiteren Lockdown, ist es mit mehr Kraftaufwand verbunden und fällt zunehmend schwerer. Warum? Weil allein schon für die mentale Bewältigung dieses schon so lange andauernden Ausnahmezustandes so viel Energie ge- bzw. verbraucht wird, auch ohne die zusätzliche berufliche Ungewissheit.

Also, noch einmal zurück: Worin zeigen sich die Unterschiede im Umgang mit der Krise? Wie reagiere ich in der Krise vernünftig? Wie kann ich eine Chance in ihr entdecken? Und welches kommunikative Verhalten verhilft dazu?

Die Unterschiede fangen damit an, ob es sich um das private oder berufliche Feld handelt oder auch um ein vermischtes. Je nach Gegenüber, je nach emotionaler Verbundenheit und persönlicher Nähe wird sich unterschiedlich viel Mühe gegeben, entsprechend freundlich und verständnisvoll – unter Aufbietung der bisher eingezahlten Ressourcen auf dem Freundschaftskonto –das Gespräch zu gestalten. Bei einer eher distanzierten Beziehung ist im Gegensatz dazu ein verantwortungsvoller Energiecheck der persönlichen Lebensbatterien angesagt. Im Hinblick auf die Verantwortung für sich und die eigene Gesundheit wird dann in einen Sparmodus geschaltet, wo es einem angebracht erscheint: Das Gespräch wird im Vorhinein diszipliniert thematisch sachlich abgehandelt und verläuft entsprechend oberflächlich, wohl aber mit dem gebotenen Respekt. Mehr nicht! Dadurch ist der Pflicht Genüge getan, im Sinne von: Ich achte dich als Person oder Persönlichkeit, aber dein durch den Coronavirus infiziertes Verhalten setze ich jetzt mal auf die Ersatzbank. Vielleicht holen wir es später noch einmal ins aktive Geschehen und sehen es uns mit seiner etwas ausgehungerten bis abgestorbenen Aggression und Wut an. Vielleicht …

Nehmen wir doch an dieser Stelle ergänzend die Lebensweisheiten und Erkenntnisse von Lao-Tse mit hinzu, wonach alles in Bewegung ist. Stabilität ist in seinem daoistischen Denken eine Illusion, denn wir können nicht zweimal in denselben Fluss springen, weil das Wasser seit dem ersten Mal weitergeflossen ist.
Bewegung und Veränderung bestimmen das (Lebens-)Spiel! Das kann manchmal sowohl schwierig als auch herausfordernd sein, da es doch ständige Anpassungsprozesse provoziert. Herr Lao-Tse hat das Wort: Der Sinn ist immer strömend.


Jeder Tag beinhaltet eine neue Herausforderung. Nichts kann festgehalten und alles will gestaltet werden. In dem Begriff Herausforderung steckt das Heraus und die Forderung. Heraus aus dem bisher Gewohnten, Eingewohnten und Bekannten mit der Einladung oder Auf-Forderung sich zu bewegen. Ja, sich zunächst in das Unbekannte, Fremde und Ungewohnte zu begeben mit einem Vorschuss von Vertrauen in das Leben:
Das Alte trägt nicht mehr und das Neue ist noch nicht da. Die Wahrheiten von gestern werden heute infrage gestellt. Das Genießen von Annehmlichkeiten wird abgelöst von dem Kampf um das Elementare. Funktionierende Sicherheiten brechen weg und geben Raum für Ängste und Spekulationen.

Doch Vorsicht: So manch gut gemeinte Hilfe kann mitunter auch im Fiasko enden.

Erneuerung will sich Bahnbrechen und dafür muss Vorhergehendes weichen, so wie auch Bäumen dieser Prozess jedes Jahr widerfährt: Blätter sprießen, entfalten sich, welken und fallen ab. Weshalb? Weil das Nachkommende, das Neue sie zum Weichen zwingt. Wenn dieses nicht von allein schon gewichen ist und es einer aktiven Gestaltung bedarf, mag es Kraft in der Umsetzung kosten. Dann stellen sich die Fragen: Festhalten oder Loslassen? Sich konservativ verhalten oder progressiv? Auf der (Familien-)Tradition beharren oder einen opportunistischen Schritt wagen?

Durch den staatlich verordneten Shutdown findet eine radikal erzwungene Entschleunigung statt. Wie ich diese wahrnehme und nutze, liegt in meiner Hand. Da tauchen innerhalb einer Krise vielleicht Fragen auf wie:
Sehe ich es so, dass ich (fast) immer die Wahl zwischen Veränderung oder Anpassung habe? Nehme ich dann auch die Konsequenzen mit in den Blick? Kann ich in den Umbrüchen und Veränderungen die Chance als ein Angebot der Stunde sehen? Kann ich mich auf die Chance vielleicht einmal versuchsweise aktiv einlassen, um zu erleben, dass Kreatives freigesetzt wird?

Bei der Beantwortung dieser Fragen gibt es viele Zwischenschritte und mit ihnen vielschichtige Emotionen des Loslassens. Hemmungen, Hindernisse und Blockaden im Innen und Außen pflastern den Weg auf dieser pragmatischen Arbeit des Forschens im eigenen Inneren. Dennoch möchte ich Sie dazu einladen, diese Arbeit mit ihren Ergebnissen nach und mit einem gewissen Abstand zu betrachten. Ich kann nur Mut dazu machen und persönlich die Kraft der innovativen Auswirkung bezeugen: Niemals aufgeben! Du bist stark genug! Nichts ist unmöglich!

Beispiele für innovatives Umwandeln und Schaffen:

  • Ein Bäcker backt und kreiert eine essbare Klorolle.
  • Das Institut für Luftfahrt und Weltraumforschung rüstet seine Maschinen von der Produktion von Ventilen auf Gesichtsmasken um.
  • Eine Reifenfirma liefert die Einlagen für Gesichtsmasken, die Viren und Bakterien herausfiltern.
  • Eine Gin-Destillerie stellt nun Desinfektionsmittel her.
  • Ein Haute-Couture-Modegeschäft schneidert aus edlen Stoffen Gesichtsmasken für die Ärzteschaft und das Pflegepersonal.
  • Ein Restaurant ändert seinen Service-Modus in Essen to go.
  • Eine Bücherei liefert die Ausleihbestellungen per Fahrrad ins Haus.
  • Firmen switchen um auf click & collect (bestellen und abholen).

 

Der Perspektivwechsel

Ich will hier nun nicht dem Un-Sinn und der Oberflächlichkeit verfallen und den Blick zu schnell auf das Wirkungsvolle, das Erfolgreiche und das Resiliente lenken. Das würde jenen Menschen nicht gerecht, die in einer „Schleife“ hängen, die sich nicht oder noch nicht aufrappeln können, die sich noch außerhalb einer Balance befinden, nämlich in einem Strudel oder einer Achterbahn der Gefühle oder des Erlebens, die sich weiter rumquälen und nach Ideen oder einem Lösungsschritt suchen mit für sie zufriedenstellenden Antworten auf ihre Fragen des Was, Wie und Wohin.
Ja, es würde jenen Menschen nicht gerecht, die mit weitaus elementareren Dingen des Lebens beschäftigt waren und sind, wie: noch weniger Geld als bisher im Portemonnaie zu haben, der Sorge um das tägliche Brot für heute und morgen durch den Wegfall der „Tafel“ und zwangsläufig als Alternative nur noch die teuren Artikel im Regal des Supermarktes, all die Belastung um das Homeschooling ohne entsprechende technische Grundausstattung dafür… Weiter auch der seelische Schmerz, eine:n Angehörige:n nicht mehr im Altenheim oder gar im Krankenhaus besuchen zu dürfen oder auch das Verkraften dessen, dass sein:ihr Leben vermutlich nicht mehr zu retten ist. Denn auch, wenn jemand an ein Beatmungsgerät angeschlossen ist, so versterben trotzdem – statistisch belegt – immerhin noch ca. 60 % der so versorgten Menschen. Und was ist mit jenen, die einsam, allein und isoliert durch diese harten Zeiten kommen müssen? Oder wie ergeht es den Personen, die mit ihrer Kraft und ihrem Vermögen, das als Altersvorsorge gedacht war, im Laufe der Zeit regelrecht am Anschlag und ausgeblutet sind?
Das ist nur ein kleiner Auszug von Not, Elend, Kummer und Sorgen in der aktuellen Situation. All diesen Menschen gelten mein Mitfühlen und Mittragen wie und wo ich kann!
In Anbetracht dessen fällt es mir schwer, den Blick zu heben. Hingegen wiederum auch nicht, weil ich aus eigener Erfahrung das Hoffnungsvolle und Frohmachende in einem Perspektivwechsel und seinen Konsequenzen voll und ganz unterschreiben kann.

Also, wie nun sieht mein/Ihr Weg im Prozesshaften eines Perspektivwechsels aus?
Sehe ich vorwiegend auf das Negative, wird es mich runterziehen und Negatives wird ausgesät. Sehe ich auf das Positive in dem, was mich umgibt, dann wird es meinen Blick aufmerksam auf das Gelungene und optimistisch nach vorn lenken auf Möglichkeiten, Veränderbares und vorausschauendes Handeln.
Es bedarf dazu keiner großen Methoden, keiner Aus- oder Fortbildung. Wohl aber kann ich dieses stückchenweise trainieren und zu einer guten Gewohnheit weiterentwickeln und in mein Lebenskonzept einbauen.
Wer sich dazu einladen lassen will, kann hier und jetzt proaktiv mit einem kleinen Impuls sich selbst als Teil in das große Ganze mit einbringen, indem er:sie den Blick einmal bewusst lenkt auf den Aspekt der Chance in der Krise, auf die in ihm:ihr vorhandenen Ressourcen, Stärken und Fertigkeiten aus der Vergangenheit sowie auf nochganz bestimmt schlummerndes Potenzial, das sich oftmals in den Engpässen bei einem selbst offenbart.

  • Zehn Stärken: Was kann ich gut?
  • Fünf bewährte Umgangsweisen in Krisen: Wie habe ich etwas Negatives/Schlechtes im Denken oder Handeln verwandelt?
  • Drei erworbene Fähigkeiten/Fertigkeiten: Was genau habe ich in schwierigen Situationen durch das Verwandeln gelernt?

 

Heute, Jahrzehnte nach einer Zeit, die für mich von persönlich erlebten schweren Krisen geprägt war, tut mir das Erlebte und Erlittene nicht mehr so weh. Im Gegenteil: Ich bin dankbar für die durch sie gebotenen Chancen, die ich lernte, zu entdecken und zu nutzen. Allerdings kann ich das erst im Rückblick so überzeugt sagen und als eine wertvolle Erkenntnis ansehen. Die Phasen davor und darin waren mit ihren teils teuflischen Fratzen, zerstörenden Wirbelstürmen und mich überraschenden Katastrophen schrecklich und zwangen mich in die Knie.
Und trotz allem: Insbesondere diese in den Krisen erworbenen und geschaffenen Bausteine bilden bis heute die tragenden Ecksteine in meinem Lebenshaus. Die Krisen, mit ihren vielen Hindernissen, erwiesen sich als verpackte Geschenke für mein Leben. Erstlich und letztlich trugen sie dazu bei, es für mich sinnvoller und erfüllter zu machen. Das, was ich mühevoll unter Tränen, mit Auflehnung, mit Resignation und seelischen Schmerzen gelernt und mir angeeignet habe, sind bis heute verwandelte Edelsteine: Transformationen, Ressourcen und Fähigkeiten – Quellen aus denen ich immer wieder dankbar schöpfe.
Hätte ich also darauf verzichten wollen? Keineswegs! Nie und nimmer! Absolut nicht! Um keinen Preis!

 

BALSAM für die Seele: Der Schmetterlingsliebhaber

Da gab es einen Schmetterlingsliebhaber mit seiner Zucht, auf die er sehr stolz war. In den Anfängen tat es ihm jedes Mal leid, wenn er sah, wie sich ein Schmetterling bei seiner Geburt durch den engen Spalt des Kokons quälen musste.
Einem nächsten wollte er diese Qual ersparen. So nahm er ein Nagelscherchen und ganz vorsichtig machte er ein paar kleine Schnitte in die Öffnung der bisherigen Behausung. Dieser Schmetterling hatte es danach ein wenig leichter, sich durch die Öffnung zu quälen.
Doch was war das? Er konnte nach dem Geburtsvorgang seine Flügel nicht richtig entfalten. Weshalb und wodurch geschah das?
Indem der Schmetterling sich durch die enge vorgesehene Öffnung des Kokons quälen muss, wird Flüssigkeit von dem Inneren seines Körpers zum Aufpumpen in seine Flügel gefördert. Dieser Schmetterling nun, dem in guter Absicht Erleichterung und Geburtshilfe geschehen sollte, wurde durch diesen äußeren (unnatürlichen) Eingriff in seinem Geburtsvorgang und in der Entfaltung seiner Flügel gestört. Das scheinbar Gutgemeinte und „Ich wollte ja nur helfen“ führte in der Konsequenz zu einem lebenslangen verkrüppelten Leben.
Alles hat seinen natürlichen Weg, seine individuellen Bedingungen, sein Tempo und seine Zeit!
(Es besteht auch die Meinung, dass bei richtiger Handhabung es keinen derartigen Einfluss habe!)

 

Christa H. Herold, Psychologische Beraterin, ist in eigener Praxis in der systemisch-lösungsfokussierten Beratung, Therapie und Supervision tätig. Darüber hinaus ist sie geprüfte Schriftpsychologin, Burn-out-Beraterin und zertifizierte Mediatorin. Alle Beiträge von Christa H. Herold finden Sie hier.

 

 

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