Das neue Heft der Fachzeitschrift »Zeithistorische Forschungen« (01/2020) ist erschienen und weist ein breites inhaltliches Spektrum von der Geschichte der Computerisierung bis hin zur Digital History auf.
Lange vor der Ära des Online-Datings setzten Heiratsagenturen in den USA und in Europa bereits Computer ein, um die Märkte der »einsamen Herzen« zu erobern. In der neuen Ausgabe der »Zeithistorischen Forschungen“ (1/2020) untersucht Michael Homberg die Geschichte dieser elektronischen Kontaktvermittlung zwischen den 1950er- und 1980er-Jahren. Wie änderten sich Vorstellungen von Liebe, Partnerschaft und Ehe im Zeitalter der »technokratischen Hochmoderne«? Welche Rolle spielte der Computer dabei als »Elektronen-Amor« und »Matchmaking Machine«?
Die Zeitschrift wird am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam herausgegeben und erscheint gedruckt und Open Access.
Michael Homberg (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam) zeigt: Einerseits eröffnete das Computer-Dating gerade für Frauen neue Wege der Partnerwahl. Andererseits bekräftigte es soziale, ökonomische, religiöse und kulturelle Trennlinien der Gesellschaft, weil die »Algorithmen der Liebe« vornehmlich nach Übereinstimmungen suchten.
Die neue Ausgabe der »Zeithistorischen Forschungen« ist ein thematisch »offenes« Heft mit einem breiten inhaltlichen Spektrum. Neben der Geschichte der Computerisierung bildet auch die aktuelle Situation der Digital History einen Schwerpunkt: Mehrere Beiträge widmen sich dem Thema »Geschichtswissenschaft und Archive im digitalen Zeitalter«, organisiert und eingeleitet von Frank M. Bischoff (Landesarchiv Nordrhein-Westfalen) und Kiran Klaus Patel (Ludwig-Maximilians-Universität München). Das Ziel ist es dabei, die Geschichtswissenschaft noch stärker als bisher in einen Dialog mit Archivwissenschaft und Archivpraxis zu bringen.
Von generellem Interesse, nicht nur für Zeithistoriker*innen, sind auch die beiden Essays des Hefts. Constantin Goschler (Ruhr-Universität Bochum) diskutiert die zwiespältigen Effekte quantifizierter Forschung für die Geschichtswissenschaft: Wie beeinflusst die Bewertung nach Kennziffern die Personalsituation, die Themenwahl und die Qualität der Zeitgeschichtsforschung? Georg Toepfer (Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin) geht der epochenübergreifenden Problemgeschichte des Schlüsselbegriffs »Diversität« nach. Der Aufstieg zu einem »zentralen Hochwertbegriff« erkläre sich aus den breiten Anschlussmöglichkeiten: Aus biologischen Kontexten ist das Wort auf soziale, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenhänge übertragen worden. »Diversität« meint Verschiedenheit und zielt auf Gleichheit – was jedoch nicht ohne Widersprüche bleibt.
Die »Zeithistorischen Forschungen« werden am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam herausgegeben von Frank Bösch, Konrad H. Jarausch und Martin Sabrow. Die Zeitschrift erscheint dreimal jährlich gedruckt und zugleich im Open Access.
Presseinformation des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) – Dr. Stefanie Eisenhuth, Öffentlichkeitsarbeit.