Am 07. Oktober 1970, vor genau 50 Jahren, wurde der Nationalpark Bayerischer Wald gegründet, dies haben Marco Heurich und Christof Mauch zum Anlass genommen, die Geschichte, Kultur, Politik und Natur des »Urwalds der Bayern« aus vielfacher Perspektive zu betrachten. Die Beiträge des Bandes blicken aus verschiedenen Disziplinen auf den ersten deutschen Nationalpark Bayerischer Wald und wollen eine neue Perspektive auf das Verständnis des Nationalparks Bayerischer Wald eröffnen. So beleuchten die Beiträge Geschichte, Politik, Kultur und Ökologie des Nationalparks Bayerischer Wald.
Eine detaillierte Betrachtung erfährt insbesondere die Gründung des Nationalparks, in dessen Kontext auch die umweltgeschichtlichen wie -politischen Bezüge seit dem deutschen Kaiserreich betrachtet werden. Doch auch die unmittelbare Geschichte der Gründung wird analysiert, bei der besonders die treibenden Kräfte der Gründung sowie deren Opposition in Erscheinung treten. Hier steht besonders der geringe Einbezug der lokalen Bevölkerung sowie dessen geringe Akzeptanz des umweltpolitischen Projekts im Fokus. Bei der Anaylse des Weges zur Gründung des Nationalparks wird dabei besonders die Medien- und Öffentlichkeitskampagne fokussiert. Die kulturelle Perspektive des Bandes widmet sich den kulturellen Konflikten in den Jahren des Bestehens wie dem Landschaftskonflikt, den Streit um den Borkenkäfer oder die kulturelle Wahrnehmung von Rothirsch, Luchs und Wolf. Darunter fällt auch ein ökonomischer Blickwinkel, der die Frage aufwirft, ob die Region vom Nationalpark profitiert. Ebenso wird das Leitbild "Die Natur Natur sein lassen" kritisch betrachtet und untersucht.
In sämtlichen Beiträgen schwingt auch stets die Frage mit: Wo steht der Nationalpark Bayerischer Wald 50 Jahre nach seiner Gründung?
Der Nationalpark Bayerischer Wald ist ein international, national wie regional wertgeschätztes Großschutzgebiet mit einer ausgeprägten sozialen Komponente und er ist ein Zentrum der biologischen Vielfalt. Ökonomisch generiert er eine Form von naturverträglichem Tourismus, der Freizeitgestaltung mit Erholung und Naturerlebnis kombiniert. Der Nationalpark stellt eine nutzungsfreie und unmanipulierte Naturzone mit ergebnisoffenen Prozessen der Ökosystementwicklung dar. Für die Forschung eröffnen sich darin komplett neue Einsichten und Perspektiven auf die Resilienz und Elastizität von selbstorganisierten Wäldern. Gleichzeitig fällt dem Nationalpark Bayerischer Wald national wie internationale eine Pionierstellung in der Umweltbildung wie auch in der leistungsfähigen Forschung als Freilichtlabor zu, die sich symbolhaft in dem Leitkonzept "Die Natur Natur sein lassen" widerspiegelt.
Das Ziel des Bandes »Urwald der Bayern« ist die Eröffnung neuer Perspektiven zum Verständnis von Geschichte, Politik, Kultur und Ökologie des Nationalparks Bayerischer Wald. Es drängt sich jedoch der Schluss auf, dass der Urwald der Bayern mehr als nur eine Landschaft ist, sondern Lernort des Lebens als Nationalpark im Anthropozän, der eine stetige Anregung ist, über die Abläufe der Natur nachzudenken.
Bildnachweis Willow - Bergmischwald mit Rotbuche (Fagus sylvatica) und Gemeiner Fichte (Picea abies), bei der Racheldiensthütte im Bayerischen Wald – CC BY-SA 3.0