Methodisten – eine kontinentaleuropäische Perspektive

Karl Heinz Voigt vermittelt mit seinem Buch »Methodisten: Name – Deutung – Wirkung – Gestaltung« Kenntnisse über die Methodisten, dabei sollen auch neue Einsichten gewonnen sowie eine europäische Perspektive offengelegt werden.

In den folgenden Ausführungen geht Karl Heinz Voigt der Frage nach: »Warum dieses Buch?«

Um Kenntnis zu vermitteln

Nach einem Vortrag in einer Evangelischen Akademie sagte deren Direktor: »Ich habe gar nicht gewusst, dass die Freikirchen derart unterschiedlich sind.« An der Tübinger Universität fragten Studierende einen in Kirchenrecht promovierenden Katholiken: »Haben die Freikirchen überhaupt Kirchenrecht?« Und noch 2009 konnte man in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« in einer Rezension lesen: Der Bußkampf sei »Mitte des methodistischen Glaubenslebens.« Die Unkenntnis über unsere Kirche ist bei denen groß, die nie mit einer methodistischen Gemeinde oder mit methodistischen Nachbarn in Kontakt gekommen sind.

Aber auch Methodisten können entdecken, warum man eine »Konferenz« nicht mit einer »Synode« vergleichen kann und noch anderes mehr.

Neue Einsichten gewinnen

Würde man eine Weltkarte des Protestantismus farblich vielleicht orange mit den kontinental-europäischen Ländern gestalten, in denen der Hauptstrom des Protestantismus in reformatorisch-staatskirchlicher Tradition steht, und im Unterschied dazu die sog. Freikirchen in der Welt gelb einzeichnen, dann würde sofort erkennbar: Die skandinavischen Länder mit Deutschland und der Schweiz bilden eine von der Gestalt her »ökumenische Diaspora«. Fasst in allen Erdteilen sind die Kirchen organisch von unten gewachsen. Aus dem religionsfreien Amerika kamen die Methodisten in ein Europa, dessen Kirchenwesen zwar reformatorisch, aber in vorreformatorischen Gestaltungen steckengeblieben war. Erst später sind auf der reformatorischen theologischen Grundlage zwei kirchliche Kulturen entstanden. Eine in der Obhut – eigentlich müsste man sagen in der Hand – des Staates sowie als dessen Dienerin, der sie reichlich mit Privilegien ausgestattet hatte, und eine staatsfreie, die in dieser Kirchenkultur fast ein Fremdkörper blieb. Das Aufeinandertreffen dieser beiden Arten von Kirche, eine darauf ausgerichtet, flächendeckend alle zu betreuen, die andere motiviert, längst Getaufte missionarisch zur Nachfolge Christi einzuladen, lebten zuerst bei der Besiedlung Amerikas durch die Europäer und später bei der Mission auf den europäischen Kontinent durch die Amerikaner teilweise in heftigen Konflikten. Die Ökumene hilft uns, das zu sehen und darüber zu sprechen.

Dieser ökumenische Blick ist auch notwendig. Es ist sicher nicht falsch zu behaupten, dass die größere Zahl unserer Partner in den Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und in unseren Nachbargemeinden noch nicht erkannt hat, dass die Methodisten sich nicht wie kleine Landeskirchen mit ein paar eigenen Akzenten verstehen, sondern dass sie die Ökumene mit einem völlig eigenständigen Kirchentyp bereichern. Das kann auch gar nicht anders sein, denn die eigenen historischen Wurzeln ihrer Lebensgestalt gehen nicht zurück bis ins Mittelalter, sondern sie sind einer nachaufklärerischen Kirche organisch gewachsen. Schon ihre frühen Erfahrungen stammen nicht auch aus einer landwirtschaftlich geprägten, sondern aus einer industriellen Frühzeit. Ihr Leben ist nicht territorial in alte Landesgrenzen oder national eingefangen, stattdessen ist ihr Lebensraum grenzüberschreitend. Auf den gesellschaftlichen Grundlagen der Gesellschaft methodistischer Gründerzeit musste sich die Kirche anders – als internationale »Connexio« mit einem offenen »Quadrilateral«, um gemeinsam im »Conferencing« ihren Weg des Glaubens zu suchen und zu finden – entwickeln.


Die Kirche kompetent vertreten

In den letzten Jahrzehnten sind zunehmend mehr Bücher von Autoren unserer Kirche in Landes- und Universitätsbibliotheken gekommen und Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen. Sie zeigen, wie der Glaube unser Leben prägt und aus welchen Motiven wir an der Mission der Kirche Christi teilnehmen. Aber bessere Repräsentanten für den Weg und den Dienst unserer Kirche sind ihre Glieder. Was heißt das?

Unsere Vorfahren hatten wenig Möglichkeiten, in Partnerschaft mit Landeskirchlern und Katholiken, die das gar nicht durften, Gespräche über Gott und die Welt, aber auch über das Miteinander der Kirchen zu führen. Die Zeiten sind vorbei. Heute treffen wir Christen anderer Kirchen regelmäßig in den ACKs, bei Gemeindebegegnungen, beim Weltgebetstag Anfang März, bei der Vorbereitung ökumenischer Stadtkirchentage, in gemeinsamen Bibelwochen und bei vielen anderen Gelegenheiten. Wir lernen von den Brüdern und Schwestern, aber lernen sie auch von uns? Es ist unsere Mitverantwortung, die ökumenischen Begegnungen in Referaten und Diskussionen durch unsere Beiträge, Fragen und Erfahrungen in Geschichte und Gegenwart zu bereichern. Jeder Repräsentant muss aber wissen, was er repräsentiert.

Das Buch ist unter Einbeziehung vieler Quellen von außerhalb der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) auch geschrieben, um neue Einsichten zu gewinnen, nicht nur für den Lesenden selber, sondern auch zur Erweiterung der Grundkenntnisse für Gespräche, seien sie missionarisch nach außen oder ökumenisch auf den Nachbarn ausgerichtet.


Wieso »Eine europäische Perspektive« im Titel?

Es ist keine Erinnerung an den Lesenden, dass wir Teil einer weltweiten Kirche sind. Vielmehr sollen Methodisten, die irgendwo in der Welt auf dieses Buch, das international beworben wird, stoßen, sehen: Nirgends in der Welt haben die Methodisten eine vergleichbare Geschichte, weil sie nirgends in der Welt ihre Mission innerhalb einer anderen Kirche mit einem staatlich verbürgten flächendeckenden Alleinanspruch begonnen haben, als auf dem europäischen Kontinent.

 

Karl Heinz Voigt

Bitte geben Sie die Zeichenfolge in das nachfolgende Textfeld ein

Die mit einem * markierten Felder sind Pflichtfelder.