Seit der Wiedervereinigung liefert Sachsen Schlagzeilen zum Rechtsextremismus – seien es die rechtsextremistischen Ausschreitungen 1991 in Hoyerswerda, die Instrumentalisierung des Dresdener Bombardements, die NPD im sächsischen Landtag zwischen 2004 und 2014, die „Hauptquartiere“ der NSU in Chemnitz und Zwickau oder letztendlich die AfD als zweitstärkste Partei mit großen Zuwächsen bei der sächsischen Landtagswahl 2019. Dementsprechend zahlreich sind die Anlässe, um sich sachlich und wissenschaftlich mit der Frage auseinandersetzen, ob und – falls ja – warum Sachsen eine Hochburg des Rechtsextremismus ist. Uwe Backes und Steffen Kailitz räumen dabei von Vornherein die von den Medien geschürten Vorurteile und Pauschalisierungen aus dem Weg. Gerade vor dem Hintergrund der rechtspopulistischen Demonstrationen von Pegida kam es zu pauschalisierenden Urteilen und Kraftsprüchen der Medien wie der Öffentlichkeit, die einer sachlichen Auseinandersetzung widersprachen. Dies ebenso wie die „satirische“ Überspitzung als Beitrag zur Polarisierung in Sachsen regten sicherlich verstärkt zur Teilnahme an Demos an.
Es ist festzuhalten, dass eine derartige plumpe Pauschalkritik aller Sachsen exakt die Definition von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ erfüllt. Diese Pauschalverdammung ist es, die die Einwohner eines kompletten Bundeslandes als Demokraten und für die Demokratie eintretend abschreibt. Sie ist gleichzeitig eine Beleidigung für die vielen engagierten Demokraten des Freistaats. Damit haben die Verallgemeinerungen in Presse und gesellschaftlichem Diskurs nur selten etwas mit der beobachtbaren sächsischen Realität zu tun. Zudem hat die Diskussion, ob Sachsen eine Hochburg des Rechtsextremismus oder Rechtspopulismus ist, in ihrem Zeitverlauf auch stets Auswirkungen auf die Einstellungsverteilung in Sachsen, die sich möglicherweise in Zuzug oder Abwanderung widerspiegeln.
Die Beiträge des Bandes von Uwe Backes und Steffen Kailitz herausgegeben prüfen die These von der »Hochburg Sachsen« auf vielfacher Ebene und stets in Relation zu den westlichen und östlichen Bundesländern, wodurch ein facettenreiches Bild des Rechtsextremismus und des Rechtspopulismus in Sachsen entsteht. Ausgehend von einem zeitgeschichtlichen Abriss, der sich mit dem Rechtsradikalismus in der Spät-DDR auseinandersetzt, werden die unterschiedlichsten Aspekte des breiten Spektrums des Rechtsextremismus betrachtet. So beleuchten die Beiträge das Verhältnis von Sachsen und dem intellektuellen Rechtsextremismus der Neuen Rechten, die politischen Einstellungen in Sachsen im Ländervergleich oder die Stellung der AfD, der NPD und der rechtsmotivierten Gewalt in Sachsen. Auch Pegida, die heftige Auseinandersetzungen in Politik, Medien und Wissenschaft auslöste, wird dabei wiederholt zum Analysegegenstand: Der Zusammenhang zwischen Rechtsextremismus und Pegida werden anhand empirischer Profunde untersucht, die Rhetorik innerhalb von Pegida-Reden in Dresden analysiert und das Verhältnis von Pegida und sächsischer AfD betrachtet.
Neben dieser Richtung des Themenfeldes Rechtsextremismus werden bspw. die Anti-Asyl-Proteste während der Flüchtlingskrise 2015/16, die Reichsbürger und Selbstverwalter- und die „Blood & Honour“-Bewegung analysiert. Zudem rundet eine Betrachtung auf den Rechtsextremismus und dessen Voraussetzungen im ländlichen Raum den Band.