»Psychologien der Menschenführung seit den 1960er Jahren« – das aktuelle Themenheft der Zeitschrift »Geschichte und Gesellschaft« (02/2022) herausgegeben von Jan Arend und Jens Elberfeld ist erschienen.
Abstract
Weit über die klinische Sphäre hinaus haben Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie moderne Gesellschaften geprägt. Dies gilt nicht zuletzt für den Bereich der »Menschenführung«: Die Art und Weise wie Menschen in Bereichen wie der Arbeitswelt, der Erziehung und dem Sport zu einem bestimmten Verhalten angeleitet werden bzw. sich selbst dazu anleiten, wird seit den 1960er Jahren vermehrt durch ein heterogenes Wissen über die menschliche Psyche geprägt. In der zeitgeschichtlichen Forschung wird diese »Therapeutisierung« der (Selbst-)Führung oft als spezifisch westliches Phänomen beschrieben, das einer neoliberalen Gouvernementalität diene. Das Themenheft will diese auf den »Westen« zentrierte Perspektive aufbrechen. Anhand von Fallstudien zur DDR und Westdeutschland wird erkundet, wie ein für Ähnlichkeiten und Verflechtungen zwischen Ost und West sensibilisierter Blick neue Erkenntnisse zur Zeitgeschichte von Gouvernementalität und Therapeutisierung ermöglicht.
Inhalt
- Jan Arend und Jens Elberfeld: Psychologien der Menschenführung. Gouvernementalität und Therapeutisierung in Ost und West (1960er –1980er Jahre)
- Anthony D. Kauders: West German Psychoanalysis in Post-Analytic Times. Navigating Demands for Self-Actualization, Self-Governance, and Social Change, 1968–1990
- Marcel Streng: Prison Labor, Penology, and the Government of Inmates in East and West Germany since the 1970s
- Verena Lehmbrock: Eine Intervention zur Befähigung des sozialistischen Leiters. Funktion und Bedeutung des sozialpsychologischen Trainings in der DDR
- Diskussionsforum
- Urs Lindner: Die Singularität der Shoah und die postkoloniale Herausforderung der deutschen Erinnerungskultur. Eine Bestandsaufnahme des »Historikerstreits 2.0«
- Volker Barth: Kindersoldaten. Überlegungen zu einer Kultur- und Mediengeschichte