»Kindheit und soziale Ungleichheit in den langen 1970er Jahren« – das aktuelle Themenheft der Zeitschrift »Geschichte und Gesellschaft« (02/2020) herausgegeben von Till Kössler und Janosch Steuwer ist erschienen.
Neue Kinderarmut, »Hartz IV-Familien«, »Helikoptereltern«, Privatschuldiskussion: Soziale Ungleichheit wird in der Gegenwart wesentlich über Kindheit verhandelt. Die Beiträge dieses Themenheftes fragen danach, wie es dazu kam, dass Kinder in den 1960er Jahren ins Zentrum der Debatte über gesellschaftliche Differenzen gerieten und welche Auswirkungen dies hatte. Dazu nehmen sie unterschiedliche soziale Akteure und Orte in den Blick – alternative Kinderläden, Hauptschulen, Stillgruppen, Hochbegabtenberatungsstellen und die Kinderkonsum- und Medienkultur. Mit dem Siegeszug des Konzeptes der Chancengleichheit und eines neuen Verständnisses von Kindheit setzten um 1970 vielfältige Bemühungen ein, über eine Neugestaltung von Kindheit und Kindereinrichtungen soziale Ungleichheit abzumildern. Diese Interventionen veränderten nicht nur die gesellschaftliche Organisation von Kindheit nachhaltig. Sie brachten paradoxerweise auch neue Formen und Bilder sozialer Ungleichheit hervor, deren Einfluss bis in unsere Gegenwart reicht.
Inhalt des Themenheftes
- Till Kössler und Janosch Steuwer: Kindheit und soziale Ungleichheit in den langen 1970er Jahren. Einleitung
- Meike Sophia Baader: Von der Autorität zur Diversität. Soziale Differenzen in Kinderläden und Elterninitiativen in der Bundesrepublik von den 1970er Jahren bis heute
- Sandra Wenk: Die »Schule der Chancenlosen«. Hauptschulkritik und soziale Ungleichheit in den 1970er Jahren
- Janosch Steuwer: »Doof geborn ist keiner. Doof wird man gemacht«. Kindersachen und soziale Differenz am Beginn der 1970er Jahre
- Verena Limper: Vorsprung durch Stillen? Säuglingsernährung und Ungleichheit in (West-)Deutschland
- Susanne Schregel: »Extrawürste für die Elite?«. Soziale Ungleichheit und Differenz in der bundesdeutschen Hochbegabungsdebatte (1980–1985)
- Diskussionsforum
- Christian Zumbrängel: Mikrogeschichte der Talsperre. Lokale Genossenschaften und kleine Großbauten im westdeutschen Staudammboom vor 1900