Was verband Jochen Schweitzer, Professor für Medizinische Psychologie und Psychotherapie, mit Göttingen, auch wenn sein beruflicher Wirkungskreis Heidelberg war? Hier wurde er 1954 geboren, hier hat er die ersten Semester seines Jura-, dann Psychologie-Studiums verbracht und hier veröffentlichte er bei Vandenhoeck & Ruprecht zusammen mit Arist von Schlippe seine grundlegenden Werke. Die beiden Lehrbücher für Systemische Therapie und Beratung (1996/2012, 2006) sind für dieses Verfahren in der Aus- und Weiterbildung die Standardwerke schlechthin und bis heute in sechsstelliger Auflage erschienen. 2017 kam die Herausgabe der Reihe »Leben.Lieben.Arbeiten: systemisch beraten« (ebenfalls mit Arist von Schlippe) hinzu, zuvor andere Monographien und Herausgeberbände im selben Haus.
Jochen Schweitzer war ein Mensch, der sein Wissen und seine Erfahrungen gern in Buchform, aber auch in der Lehre und im Rahmen von Tagungen weitergegeben hat. Er war Leiter der Sektion Medizinische Organisationspsychologie an der Universitätsklinik Heidelberg, langjähriger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF), Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Helm-Stierlin-Instituts, Forschender und Initiator anwendungsbezogener Modellprojekte sowie begeisternder Mentor vieler Nachwuchswissenschaftler:innen.
Als er im Frühjahr 2021 von seiner lebensbedrohlichen Erkrankung erfuhr, hat er begonnen, einen persönlichen Rückblick auf die Entwicklung systemischer Therapie und Beratung in Deutschland zu schreiben, die über vier Jahrzehnte hinweg eng mit seinem Wirken verbunden war. Wir haben uns mit ihm zusammen gefreut, dass »Ich hätte da noch eine Idee …« im September 2022 erscheinen konnte. In einem Video-Interview, aufgenommen im September, hat Jochen Schweitzer mit uns über sein jüngstes Buch gesprochen.
Wir verlieren mit Jochen Schweitzer einen beeindruckenden, stets zugewandten, respekt- und humorvollen, auch gesellschaftspolitisch engagierten Menschen, der beharrlich war, wenn es darum ging, vermeintliche Wahrheiten zu hinterfragen, und dem es ein Anliegen war, andere zu fördern und miteinander zu vernetzen. Wir denken mit großem Respekt und tiefer Verbundenheit an viele Stunden gemeinsamen Abwägens konzeptioneller Publikationsideen, die von seinem Ideenreichtum gelebt haben.
Wir denken an seine Frau, seine Söhne und den ersten Enkel, den Jochen noch in den Armen halten konnte, und wünschen seiner Familie viel Kraft für diese schwere Zeit.
Für die Kolleginnen und Kollegen von Vandenhoeck & Ruprecht
Günter Presting, Sandra Englisch und Imke Heuer
danke!
Vielen Dank für den so wertschätzenden, anerkennenden und menschlichen Nachruf!